"Die Kirche wird nicht schweigen"
Vor der Weltklimakonferenz im November im brasilianischen Belem machen die katholischen Bischöfe des Globalen Südens Druck für einen stärkeren Klimaschutz. In einem gemeinsamen Brief der Bischofskonferenzen aus Afrika, Asien, Lateinamerika und der Karibik an UN-Generalsekretär António Guterres und die neue Präsidentin der UN-Vollversammlung, Annalena Baerbock, formulieren sie einen moralischen Weckruf an die Weltgemeinschaft.
In ihrem 34-seitigen Dokument verurteilen die katholischen Kirchenführer eine Politik, die Profit über das Leben stelle. "Falsche Lösungen" wie grünen Kapitalismus, die Kommerzialisierung der Natur und die Ausbeutung natürlicher Ressourcen verurteilen die Bischöfe scharf. Reiche Nationen sollten ihre ökologische Schuld mit fairer Klimafinanzierung begleichen, "ohne den Globalen Süden weiter zu verschulden".
Pariser Klimaziele nicht aufgeben
In ihrem Appell mit dem Titel "A Call for Climate Justice and the Common Home: Ecological Conversion, Transformation and Resistance to False Solutions" (Ein Ruf zu Klimagerechtigkeit und für ein gemeinsames Haus: Ökologische Umkehr, Transformation und Widerstand gegen falsche Lösungen) sprechen sich die Bischöfe für eine strenge Umsetzung des Pariser Klimaabkommens und für ambitionierte nationale Klimaziele aus. Das Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, um katastrophale Auswirkungen zu vermeiden, dürfe niemals aufgegeben werden. Sie wenden sich gegen neue, auf fossiler Energie aufbauende Infrastruktur und fordern dezentrale, gemeinwohlorientierte Energielösungen.
In politische Entscheidungen müssten die von Klima- und Naturkrisen am stärksten betroffenen Gemeinschaften einbezogen und ihnen Vorrang eingeräumt werden, heißt es. Besonders indigene Völker, Ökosysteme und verarmte Gemeinschaften müssten geschützt sowie die größere Gefährdung von Frauen, Mädchen und neuen Generationen anerkannt werden.
Klimafrage als existenzielles Problem
Die Bischöfe werten die Klimakrise nicht als rein technisches, sondern als ein existenzielles Problem, das Fragen von Gerechtigkeit, Menschenwürde und Fürsorge für die gemeinsame Welt betreffe. Gerade die Menschen im Globalen Süden litten heute schon am stärksten unter den Folgen, während seine Verursacher sich in weitgehender Verantwortungsflucht übten. Auch die Flucht wegen Klimaereignissen sei als eine Herausforderung für Gerechtigkeit und Menschenrechte zu sehen.
Die Bischöfe sehen die Kirche selber in der Pflicht, durch Bildung und die Förderung solidarischer Wirtschaftsmodelle zum Kampf gegen die Klimakrise beizutragen. Durch eine Plattform, die die Maßnahmen gegen die Klimakrise unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit begutachtet, wollen die Bischöfe die Ergebnisse der Weltklimakonferenz bewerten.
Gerechtigkeit herstellen
"Die Kirche wird nicht schweigen", so heißt es in der Botschaft der Bischöfe. "Wir werden weiterhin gemeinsam mit der Wissenschaft, der Zivilgesellschaft und den Schwächsten unsere Stimme erheben, mit Wahrheit und Konsequenz, bis Gerechtigkeit hergestellt ist." Die Erklärung nimmt Bezug auf die vor zehn Jahren erschienene Umwelt- und Sozial-Enzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus (2013-2025) und Forderungen von Papst Leo XIV. nach Umweltgerechtigkeit.
Die 30. Weltklimakonferenz (COP30) findet vom 10. bis 21. November in der brasilianischen Amazonas-Metropole Belem statt. Zentrale Themen sind die Abkehr von fossilen Brennstoffen zur Senkung des weltweiten Treibhausgasausstoßes sowie die Finanzierung von Klimaschutz und Klimafolgenanpassung im Globalen Süden.
(Appell "A Call for Climate Justice and the Common Home")