"Die Kirche wird nicht schweigen"
In einem dramatischen Appell für Klimagerechtigkeit hat sich ein großes Bündnis von katholischen Bischöfen an die internationale Gemeinschaft gewandt. "Die Kirche wird nicht schweigen", so heißt es in der am Dienstag vom Vatikan verbreiteten Botschaft. "Wir werden weiterhin gemeinsam mit der Wissenschaft, der Zivilgesellschaft und den Schwächsten unsere Stimme erheben, mit Wahrheit und Konsequenz, bis Gerechtigkeit hergestellt ist."
Anlässlich der kommenden UN-Klimakonferenz COP30 in Brasilien haben Bischofskonferenzen und -räte aus Afrika, Asien, Lateinamerika und der Karibik eine 34-seitige Stellungnahme verfasst. In dem Positionspapier fordern sie von den Verantwortlichen die dringende Umsetzung und Einhaltung des Pariser Klimaabkommens. Das Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, um katastrophale Auswirkungen zu vermeiden, dürfe niemals aufgegeben werden, fordern sie. "Es sind der Globale Süden und künftige Generationen die bereits jetzt unter den Folgen leiden."
Keine "falschen Lösungen"
"Falsche Lösungen" wie grünen Kapitalismus, die Kommerzialisierung der Natur und die Ausbeutung natürlicher Ressourcen (Extraktivismus) verurteilen die Bischöfe in ihrer Botschaft scharf. Reiche Nationen sollen ihre ökologische Schuld mit fairer Klimafinanzierung begleichen, "ohne den Globalen Süden weiter zu verschulden, um Verluste und Schäden in Afrika, Asien, Lateinamerika, der Karibik und Ozeanien auszugleichen".
In politische Entscheidungen müssten diese von Klima- und Naturkrisen am stärksten betroffenen Gemeinschaften einbezogen und ihnen Vorrang eingeräumt werden. Besonders indigene Völker, Ökosysteme und verarmte Gemeinschaften müssten geschützt sowie die größere Gefährdung von Frauen, Mädchen und neuen Generationen anerkannt werden. Klimamigration sei als eine Herausforderung für Gerechtigkeit und Menschenrechte zu sehen.
"Gemeinwohl über Profit stellen"
"Stellen Sie das Gemeinwohl über den Profit!", so die Kirchenmänner an die politischen Entscheidungsträger. "Gestalten Sie das Wirtschaftssystem zu einem regenerativen Modell um, das das Wohlergehen der Menschen in den Mittelpunkt stellt und die Voraussetzungen für ein nachhaltiges Leben auf unserem Planeten sicherstellt." Und: "Fördern Sie eine Klima- und Naturpolitik, die auf den Menschenrechten basiert." Auch die Reduktion der Entwaldung auf null bis 2030 und eine Wiederherstellung lebenswichtiger aquatische und terrestrischer Ökosysteme mahnen die kontinentalen Bischofskonferenzen ein.
Zu den Unterzeichnern der Botschaft, die auf Englisch, Spanisch und Portugiesisch veröffentlicht wurde, gehören der gesamtafrikanische Bischofsrat SECAM, das lateinamerikanische Pendant CELAM und die asiatische Bischofsversammlung FABC. Ihre jeweiligen Präsidenten, die Kardinäle Fridolin Ambongo Besungu, Jaime Spengler und Filipe Neri Ferrao stellten das Positionspapier der kontinentalen Bischofskonferenzen am Dienstag vor Medienvertretern in Rom vor und trafen im Vatikan auch mit Papst Leo XIV. zusammen.
Unterstützung aus Österreich
Unterstützung für das Positionspapier kam am Dienstag aus der Kirche in Österreich. Als "stärkste kirchliche Klimaposition der letzten Jahre" neben den lehramtlichen Äußerungen von Papst Franziskus (2013-2025) bezeichnete Anja Appel, Leiterin der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission (KOO), das in Rom präsentierte Schreiben in einer Reaktion gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress. Gefordert sei die radikale Umkehr der Lebensstile. "Dies ist die eigentliche Aufgabe und mit Hinblick auf die ökologischen und sozialen Kosten einer 'grünen Wende' der einzig ökonomisch sinnvolle Weg, auch wenn er erhebliche Änderungen des jetzigen Konsum- und Wirtschaftsverhaltens in Ländern des Globalen Nordens und Middle-Income-Countries voraussetzt", betonte Appel.
"Das Positionspapier verweist nicht nur auf die konkreten mächtigen Interessen, die bislang einen weltweit ambitionierten und konsequenten Klima- und Artenschutz verhindert haben, sondern reicht der gesamten Weltgemeinschaft die Hand, um im Dialog die größten strukturellen Hürden anzugehen", erklärte KOO-Klimaexperte Martin Krenn. Das Schreiben benenne zudem Fallstricke der dominanten Erzählung vom "grünen Wachstum" und damit die Machtungleichheit im multilateralen System. "Die bisherigen Profiteure einer auf fossilen Energieträgern basierenden Wirtschaftsweise sind auch jene, die sich von der Elektrifizierung und 'grünen' Ressourcenausbeutung kommerzielle Ausbeute erwarten", sagte Krenn.
Global wäre genug Geld für Klimaschutz da
Die Finanzierung der nachhaltigen Transformation und des Klima- und Artenschutzes sei der neuralgische Punkt aller internationalen Klimaverhandlungen, so der Experte der Kirchenfachstelle. "Wenn es darum geht, wer welche Verantwortung für die klimatologische Situation hat und daher entsprechend finanzieren sollte, schieben die Staaten sich die Verantwortung gerne gegenseitig zu."
Aus Sicht der KOO sei aber eindeutig, so Krenn: "Es ist global genug Geld vorhanden und muss heute durch die öffentliche Hand in den Klimaschutz und die Klimaanpassung investiert werden, weil ansonsten ein Vielfaches an Kosten aufgrund von Nahrungsmittelausfällen oder Zerstörung von Infrastruktur zurückkommen."