„Gestörte Beziehungen“ - Jahrestagung Weltkirche zum kolonialen Erbe in Kirche und Mission
Drei Tage lang beschäftigten sich Expert*innen und Vertreter*innen kirchlicher Einrichtungen und Fachstellen mit dem kolonialen Erbe in Kirche und Gesellschaft.
Die Veranstaltung rückte die vielfältigen, ambivalenten Verstrickungen von Kirche und Orden in kolonialen Raub und Ausbeutung ins Zentrum und suchte nach Wegen eines verantwortungsvollen Umgangs mit dieser belasteten Geschichte. Ein Schwerpunkt lag dabei auf den missionsgeschichtlichen Sammlungen, die viele Orden bis heute unterhalten. Jun.-Prof. Dr. Julia Binter von der Universität Bonn verwies darauf, dass die gesammelten „Gegenstände“ in ihren Herkunftsregionen häufig eine hohe spirituelle und kulturelle Bedeutung gehabt hätten. Statt von „kulturellen Artefakten“ sollte daher von „cultural belongings“ gesprochen werden. Deren teils gewaltvolle Aneignung bedeute somit weit mehr als einen bloß materiellen Verlust und verkörpere eine Geschichte von kultureller Abwertung, Umerziehung und Zerstörung.
Restitution und Reparation als Auftrag für Kirchen
In den vergangenen Jahren wurden die Forderung nach Restitution von kolonialem Raubgut und Reparationszahlungen für die Folgen kolonialer Ausbeutung und Zerstörung lauter. Diese nehmen auch die Kirchen in die Pflicht. Für Jun.-Prof. Dr. Julia Binter erfordere dies jedoch mehr als nur die Rückgabe geraubter Objekte. Restitution sei ein Prozess, der die verursachten kollektiven Traumata, ausgehend von den Betroffenen konsequent auf umfassende und ernsthafte Weise zu bearbeiten habe.
Alexander Scott vom International Slavery Museum in Liverpool wiederum skizzierte am Beispiel Barbados Verstrickungen der anglikanischen Kirche in Sklavenhandel und -arbeit und zeichnete deren finanzielle Profite bis in die Gegenwart nach. Diese Profite müssten zurückgezahlt werden. Allerdings sollte die Frage der Reparation für die Folgen von Kolonialismus und Sklaverei nicht auf Ausgleichszahlungen reduziert werden. Letztlich gehe es darum, die Verantwortung für ein bis in die Gegenwart wirkendes Geflecht an Ungleichheiten und Ausbeutung zu übernehmen, die sich heute insbesondere in den Auseinandersetzungen um Klimagerechtigkeit zu beweisen habe.
Zum Abschluss der Tagung unterstrich der deutsche „Weltkirche-Bischof“ Bertram Meier die Bedeutung dieser Folgen für die Kirchen und deren besondere Verantwortung. Die Kirche müsse mit gutem Beispiel vorangehen, um "die Wunden der Geschichte anzugehen und somit der Welt ein ermutigendes Zeugnis zu geben, dass die Gewalt nicht das letzte Wort haben wird".