
Pride Month: Kirche stärkt Sichtbarkeit queerer Gläubiger
Anlässlich des Pride Month setzen zahlreiche Pfarren und kirchliche Gruppen in Österreich verstärkt Zeichen für queersensible Pastoral. Neben Regenbogenfahnen an Kirchen, Gebeten und Segensangeboten engagieren sich haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende sichtbar bei Pride-Veranstaltungen in mehreren Diözesen. Die Verantwortlichen der kirchlichen Regenbogenpastoral sehen Fortschritte, aber auch weiteren Handlungsbedarf, wie eine strukturelle Verankerung und Rückendeckung: "Eine klare Zuständigkeit auf Ebene der Bischofskonferenz ist dringend erforderlich", meinte etwa Pfarrer Gregor Jansen vom Leitungsteam der römisch-katholischen Regenbogenpastoral Österreich gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress.
In vielen Diözesen sei Regenbogenpastoral ehrenamtlich organisiert, professionelle Ressourcen und verpflichtende Schulungen für Seelsorgende fehlten aber oft. "Es sollte in allen Diözesen Richtlinien für queersensible Pastoral umgesetzt werden. Dies gilt auch für alle Ausbildungsvorgänge, insbesondere für die Priesterausbildung", so Jansens Vorschlag. Ziel müssten "belastbare Brücken zwischen queeren Communities und kirchlichen Orten" sein, "damit eine gegenseitige Einladung, Akzeptanz und Unterstützung erfahrbar werden", sagte Jansen.
Außerdem brauche es eindeutige Konsequenzen seitens der Bischöfe, "wenn in Predigten oder anderen Äußerungen homophobe Angriffe geschehen". Dies geschieht laut Jansen aktuell "nur zum Teil".
Auch Benno Karnel, stellvertretender Vorsitzender der Plattform Regenbogenpastoral, wünschte sich, "dass immer mehr Verantwortliche für ihre Pfarre oder Organisation Schritte setzen und dafür auch mutig auftreten, dass "safe spaces" für queere Menschen entstehen können". Menschen aus der "queeren community" sollten in der katholischen Kirche eine sichere Heimat vorfinden können und "nicht aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, sondern weil sie einfach da sind, sich mit ihren Talenten engagieren in den Gruppen, Pfarren willkommen sind". Damit das gelinge, brauche es "mutige Verantwortliche in Pfarren und Organisationen, die Schritte setzen".
Karnel und Jansen orten aktuell noch verschiedene Geschwindigkeiten in puncto Regenbogenpastoral in den österreichischen Diözesen. Positiv werteten beide das österreichische Engagement von Pfarren mit dem "a+o - akzeptierend und offen"-Prädikat. Damit gehen kirchliche Organisationen und Pfarren eine Selbstverpflichtung zu einer queersensiblen Haltung und Umgangsweise mit LGBTIQ* Personen sowie Bewusstseinsbildungsprozesse ein.
Aufbruch seit "Fiducia supplicans"
Als wichtigen Impuls nennen beide das vatikanische Schreiben "Fiducia supplicans", das Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare ausdrücklich nicht ausschließt. "Fiducia supplicans hat bestätigt, was vielerorts längst Realität ist: Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare sind möglich - nicht als Sakrament, sondern als Ausdruck seelsorglicher Nähe", betonte Jansen, Beauftragter für Regenbogenpastoral der Erzdiözese Wien. Bemerkenswert sei, dass zahlreiche Bischöfe das Dokument ausdrücklich begrüßt hätten: Damit sei klar, dass Paare, die eine Segensfeier wünschen, nicht mehr als Bittsteller, "die auf das Wohlwollen einzelner Seelsorger angewiesen sind, auftreten müssen, sondern dass es ein Recht auf die seelsorgliche Begleitung gibt", erklärte Jansen.
In der Diözese Gurk-Klagenfurt wurde ein offizielles Segenskonzept veröffentlicht - mit Vorwort von Bischof Josef Marketz -, das sowohl gleichgeschlechtliche als auch heterosexuelle nicht-sakramental verheiratete Paare berücksichtigt.
Mit Blick auf Papst Leo XIV. hofften Jansen und Karnel auf Kontinuität zur Linie seines Vorgängers. Karnel verwies auf dessen häufige Betonung des Begriffs "alle" - ähnlich dem "todos, todos, todos" von Papst Franziskus - und sah darin ein Zeichen der Offenheit. Jansen erwartete, "dass die Bewegungen, die Papst Franziskus initiiert hat, weitergetragen und kirchenrechtlich verankert werden".
Österreichweites Engagement
"In allen Pride-Städten sind engagierte haupt- und ehrenamtliche Menschen dabei, zum Teil auch organisiert als Gruppe, die Junge Kirche, die Regenbogenpastoralverantwortlichen, Mitglieder aus "a&o" Pfarren und Organisationen. Es werden Pride Prayer gefeiert, Segenscorner eingerichtet und Rede und Antwort gegeben", berichtete Karnel.
In der Praxis zeigt sich das wachsende Engagement österreichweit: Pride-Gebete und kirchliche Präsenz bei Paraden gab und gibt es heuer unter anderem in Klagenfurt, Wien, Linz, Ried im Innkreis, Bregenz und Graz. In Wien haben viele Pfarren im Juni die Regenbogenflagge gehisst. "In vielen Pfarren, also an der sogenannten 'Basis', und bei Organisationen wie der Katholischen Aktion, sehe ich viel Akzeptanz und einen schon selbstverständlichen Umgang mit LGBTIQ*", sagte Jansen, der auch die Unterstützung und Rückendeckung seitens der Diözesanverantwortlichen betonte, die den Einsatz für eine queersensible Pastoral unterstützen. "Dieses Wohlwollen war noch vor wenigen Jahren viel weniger anzutreffen", fügte Jansen hinzu.
Auch die ökumenische Zusammenarbeit - etwa beim Pride Prayer in Klagenfurt mit rund 100 Teilnehmenden - nannte Karnel ein zusätzliches "ermutigendes Zeichen".
Im Oktober findet mit der "Grundausbildung LGBTIQ*-Kompetenz" im Bildungshaus Schloss Puchberg erstmals ein bundesweiter Qualifizierungskurs für haupt- und ehrenamtliche kirchliche Mitarbeitende statt. Themen sind unter anderem queersensible Bibelauslegung, liturgische Gestaltung, Sexualmedizin und rechtliche Grundlagen. Ziel sei es, Pastoralteams darin zu befähigen, "sichere Räume" für queere Menschen zu schaffen, so die Initiatoren.
Quelle: kathpress