
Krautwaschl gegen Amtsüberhöhung und moralische Verengung
"Manche glauben, als Bischof sei man dem Herrgott näher. Aber das stimmt nicht. Der Bautenminister ist auch nicht der beste Architekt": Mit diesen Worten hat sich der steirische Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl anlässlich seines zehnjährigen Amtsjubiläums in einem Interview mit der "Kleinen Zeitung" (Sonntag-Ausgabe) gegen eine Überhöhung seines Amtes ausgesprochen. Auch Papst Franziskus habe auf die Gefahr einer Klerikalisierung hingewiesen, so Krautwaschl. Viele Menschen suchten heute nach Orientierung, was für ihn auch zu persönlichen Gewissensfragen führe: "Kann ich den Leuten diesen Halt geben oder stehe ich dem im Weg?"
Ähnlich äußerte sich Krautwaschl in einem Interview mit der Tageszeitung "Die Presse" (Sonntag-Ausgabe): "Weil ich dauernd mit dem Heiligsten zu tun habe, besteht die Gefahr, dass es für mich zum Geschäft wird ohne selbst noch davon überzeugt zu sein." Die Vorstellung, Geistliche müssten "heiliger" sein als andere Menschen, wies er zurück.
Der Zugang zu Gott dürfe nicht durch übersteigerte Gottesfurcht erschwert werden, betonte Krautwaschl weiter. "Diese moralisch verkürzte Form von Kirchlichkeit führt dazu, dass wir uns die Latten des Lebens zu hoch legen." Das gelte auch für den innerkirchlichen Umgang. In der Österreichischen Bischofskonferenz ist Krautwaschl u.a. für den Bereich Medien zuständig.
Mit Blick auf die Zukunft der Kirche sieht der Bischof Handlungsbedarf. "Eine unserer neuen Aufgaben ist es, uns als katholische Kirche wieder ins Spiel zu bringen", sagte er der "Kleinen Zeitung". Nachdenklich stimme ihn, "dass das, was mich leben lässt, für andere keine Rolle spielt". Die Reduktion kirchlicher Botschaft auf Moral lehnt Krautwaschl ab: "Wir würden uns selbst verleugnen, wenn wir nicht die befreiende Tat Gottes bei uns anerkennen. Daraus erwächst Moral, nicht umgekehrt."
In der Debatte um religiöse Symbole und die Frage nach möglichen Minaretten in Graz verwies Krautwaschl auf den früheren tschechischen Außenminister Karl Schwarzenberg (1937-2023): "Ich habe weniger Angst vor den Muslimen als vor den leeren Kirchenbänken." Voraussetzung für einen echten Dialog sei eine klare eigene Identität: "Stehen wir zu uns selber! Dann halten wir auch das andere aus."
Auch die Frage, ob ein möglicher Wechsel nach Wien möglich sei meinte Krautwaschl: "Damit beschäftige ich mich nicht. Diese Frage würde ich mir erst stellen, wenn sie käme." Zu Gesprächen über eine mögliche Rückkehr von Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ) in die Kirche äußerte sich Krautwaschl zurückhaltend: "Da ist der Weihbischof dran. Bitte fragen Sie nicht mich! Er kennt den Landeshauptmann besser als ich. Es geht um einen ehrlichen Umgang. Wenn er bereit ist, dann kann er gern kommen. So wie alle anderen."
Quelle: Kathpress