Zehn Jahre "Laudato Si"
Aktivisten ziehen gemischte Bilanz
Zehn Jahre "Laudato Si"
Aktivisten ziehen gemischte Bilanz
Zehn Jahre nach der Veröffentlichung der Umwelt-Enzyklika "Laudato Si'" von Papst Franziskus haben sich in Wien auf Einladung der Katholischen Aktion Wien und der Steyler Missionare zahlreiche Umweltaktivistinnen und -aktivisten zu Austausch, Gebet und Vernetzung getroffen. Der Tenor des Treffens: "Es passiert viel, und doch viel zu wenig."
In insgesamt zwölf Statements zogen kirchliche und zivilgesellschaftliche Akteurinnen und Akteure bei der Veranstaltung am Wochenende Bilanz über die Auswirkungen der Sozial-Enzyklika. Zwar sei durch das Engagement eine größere Sichtbarkeit der Kirche in umweltpolitischen Fragen erreicht worden, doch blieben politische Maßnahmen zur Eindämmung der Erderwärmung weitgehend aus.
Der Religionspädagoge und Aktivist Hannes Daxbacher von der Bewegung "Letzte Generation" äußerte sich besorgt: Alles deute darauf hin, dass die Erderhitzung höchstens verzögert, nicht aber gestoppt werden könne. Er sprach von einem drohenden "Zusammenbrechen der menschlichen Zivilisation" und forderte eine Vorbereitung in kleinen, widerstandsfähigen Gemeinschaften.
Gleichzeitig wurden zahlreiche positive Initiativen vorgestellt. Angela Kemper und Teresa Voboril vom Welthaus Wien berichteten von kirchlich getragenen Klimakonferenzen und sogenannten "FairWandel-Pfarren". Schwester Anneliese Herzig von der Österreichischen Ordenskonferenz nannte ökologische Projekte und ethisch nachhaltige Geldanlagen als konkrete Umsetzungen von Laudato Si.
Auch Initiativen zur Temporeduktion im Verkehr oder eine "Fächer-Enzyklika" für Jugendliche gehen auf das Papst-Schreiben von 2015 zurück, das zudem die diözesanen Umweltbeauftragten und den religionsübergreifenden Zusammenschluss "Religions for future" inspiriert hat.
Internationale Aspekte kamen bei dem Treffen ebenfalls zur Sprache: Der aus der Demokratischen Republik Kongo stammende Steyler Missionar Olivier Ongway wies auf die gravierenden Folgen von Abholzung und Bergbau im Kongobecken hin. Die Enzyklika sei dort ein "wichtiger Impulsgeber". Anja Appel, Geschäftsführerin der Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz (KOO), betonte, dass kirchliche Entwicklungszusammenarbeit dem "Schrei der Erde und der Armen" konkrete Gesichter gebe.
Franziskus Forster von der Österreichischen Bergbauernvereinigung forderte ein "Recht, nicht auf Kosten anderer leben zu müssen". Der aktuelle Lebensstil in Europa sei laut der mexikanischen Politikwissenschafterin Lorena Olarte eine "imperiale Lebensweise", die auf Ausbeutung beruhe. Der frühere Friedensaktivist und heutige Präsident der Europäischen Linken, Walter Baier, sprach von der Notwendigkeit eines "grundlegenden Strukturwandels" und einer "kulturellen Revolution" hin zu einer "integralen Ökologie", bei der "Menschen guten Willens" aus verschiedenen Bereichen gemeinsam darauf hinwirkten, negative Entwicklungen zu stoppen.
Georg Pleger von "Extinction Rebellion" und "Religions for Future" verwies auf eine zentrale Aussage von Benedikt XVI., die Papst Franziskus in der Enzyklika zitiert: Die "strukturellen Ursachen der Fehlfunktionen der Weltwirtschaft" müssten beseitigt werden. Er kritisierte besonders die durch das Zinssystem erzeugten Wachstumszwänge und äußerte die Hoffnung auf Kritik daran seitens der Kirche.
Quelle: Kathpress