
Schönborn: Franziskus stand für unveräußerliche Würde aller Menschen
Mit den drei spanischen Worten "todos, todos, todos" (dt. "alle, alle, alle") hat der am Ostermontag verstorbene Papst Franziskus stets deutlich gemacht, dass niemand ausgeschlossen werden darf - unabhängig von Herkunft, Glauben, sozialem Status oder sexueller Orientierung: Mit diesen Worten Kardinal Christoph Schönborn in der ORF-Sendung "ZIB Spezial" die "tiefe Überzeugung" von Franziskus zusammengefasst, dass jeder Mensch eine unveräußerliche Würde habe.
Die Kernfrage des Papstes sei dabei gewesen: "Bist du bereit, auch wenn er dein Feind ist, den anderen zu respektieren?". Konkret habe sich das etwa in seinem Engagement für Geflüchtete, für interreligiösen Dialog und für eine Kultur des Friedens gezeigt. Selbst am Tag vor seinem Tod habe er in der Osterbotschaft für Frieden und Abrüstung plädiert, so Schönborn.
Der Tod des Papstes am Ostermontag sei für ihn "ein Zeichen des Himmels", sagte der emeritierte Wiener Erzbischof, der schon vorab vertraulich Montagfrüh von einem vatikanischen Mitarbeiter über den Tod des Papstes informiert worden war. Der Tod des Papstes an einem Ostermontag nannte Schönborn "bewegend" und erinnere an den Tod von Johannes Paul II. der "am Ende der Osterwoche" 2005 verstorben war. Es zeige auch die Grundbotschaft des Christentums: "Der Tod hat nicht das letzte Wort."
Ein eindrucksvolles Beispiel für seinen Einsatz sei der letzte öffentliche Auftritt von Papst Franziskus am Gründonnerstag gewesen, so Schönborn. Franziskus hatte an diesem Tag ein Gefängnis besucht. "Er konnte ihnen nicht mehr die Füße waschen, dafür war er zu schwach", aber er habe mit Häftlingen und dem Wachpersonal gesprochen und damit erneut deutlich gemacht: "Auch ein Verbrecher und wer im Gefängnis ist, ist ein Mensch." In seinem Pontifikat habe Franziskus auch eine Änderung des Katechismus veranlasst, um die Ablehnung der Todesstrafe zu bekräftigen, erinnerte Schönborn, der als Redaktionssekretär des Katechismus tätig war. Selbst mit Todeskandidaten in amerikanischen Gefängnissen und mit dem texanischen Gouverneur, einem Katholiken, habe der Papst Kontakt gesucht.
Name "Franziskus" war für Papst Programm
Schönborn erinnerte sich im ORF-Interview auch an seine erste Begegnung mit Jorge Mario Bergoglio im Jahr 1997 in Buenos Aires, wo dieser damals als Weihbischof tätig war. Näher kennengelernt habe er ihn allerdings erst nach dessen Wahl zum Papst März 2013. Damals habe er schon mit seiner Namenswahl "Franziskus" ein starkes Signal gesetzt - "Das war natürlich ein Programm von Anfang an". Beeinflusst haben soll ihn dabei eine Bitte eines lateinamerikanischen Kardinals "Vergiss die Armen nicht" - eine Haltung, die sich durch sein gesamtes Pontifikat gezogen habe, so Schönborn.
Obwohl Schönborn als über 80-jähriger Kardinal nicht mehr wahlberechtigt ist, wird er bei den Vorgesprächen im Kardinalskollegium mitwirken. "Wählen werde ich nicht", sagte der 80-jährige Kardinal, der aktuell der einzige österreichische Kardinal ist.
Chalupka: Papst lebte "Ökumene der Tat und Gesten"
"Papst Franziskus war einer, der das Evangelium glaubwürdig verkündet hat": Auch der evangelische Bischof Michael Chalupka würdigte den verstorbenen Papst für dessen Einsatz für die Ökumene, "Auch wenn es das gemeinsame Abendmahl noch nicht gibt." Franziskus habe eine "Ökumene der Tat und Gesten" gelebt, habe aber nicht darauf gedrängt und sei auch nicht "schnell vorangaloppiert", da er "alle mitnehmen" wollte in eine Ökumene der Einheit in all ihrer Vielgestaltigkeit.
Papst Franziskus sei von "einer weltumfassenden Christenheit" überzeugt gezeugt, sei aber Gegner eines nationalen Christentums gewesen, wie etwa in Russland, so Chalupka. Er habe sich damit für eine Universalität im Glauben und für Menschenrechte eingesetzt, so der evangelische Bischof.
Papst Franziskus leitete die Weltkirche mit ihren rund 1,4 Milliarden Katholiken zwölf Jahre lang. Der aus Argentinien stammende frühere Erzbischof von Buenos Aires war seit März 2013 der erste Lateinamerikaner im Papstamt. In 2.000 Jahren Kirchengeschichte war er der erste Papst, der sich Franziskus nannte und auch der erste Jesuit auf dem Stuhl Petri.
In der Zeit der Sedisvakanz liegt die Leitung der Kirche beim Kardinalskollegium, das derzeit 252 Mitglieder zählt. Von ihnen können jedoch nur 135 an der Wahl des nächsten Papstes teilnehmen, da sie ihr 80. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
Quelle: kathpress