
Bischof Krautwaschl fordert neue "Streitkultur" in Österreich
Für eine neue "Streitkultur" in Österreich macht sich der steirische Bischof Wilhelm Krautwaschl stark. Nur so könnten die zahlreichen Gräben in Gesellschaft und auch Kirche überwunden werden, zeigte er sich in einem Interview in den "Salzburger Nachrichten" (Dienstag-Ausgabe) überzeugt. Bestehende Klüfte seien offensichtlich: "Gräben zwischen Stadt und Land, Alt und Jung etwa, die demografische Entwicklung gibt Anlass zur Sorge. Auch das Thema Flüchtlinge wurde ganz an die Oberfläche gespült." Wichtig sei deshalb, eine neue Form der Auseinandersetzung zu entwickeln, zu "lernen, andere Blickwinkel zu sehen und weiter im Dialog zu bleiben." Das gelte für die Gesellschaft, die Politik, aber auch für die Kirche, so Krautwaschl.
Es werde derzeit "viel zu schnell das verteufelt, was nicht der subjektiven Wahrheit entspricht", bedauerte der Bischof. Er habe "mit Schrecken festgestellt, dass man bis in die gebildeten Kreise hinauf nicht ohne übertriebene Emotionalität über brisante Fragen reden kann. Sofort geht es puff, puff, puff." Man vergesse oft auch, dass es bei vielen Fragen unterschiedliche Zugänge und nicht die eine einzige Antwort gebe. "Und Zuhören ist rar geworden."
Darauf angesprochen, dass er eine siebenköpfige syrische Flüchtlingsfamilie in einem Haus am Bischofsplatz aufgenommen hat, meinte der Bischof: "Es gab eine leerstehende Wohnung, und wir haben reagiert. Natürlich kann man immer mehr tun, aber die steirische Kirche stellt insgesamt zahlreiche Quartiere für Flüchtlinge zur Verfügung." Der direkte Umgang mit diesen Menschen führe auch dazu, dass bestehende Vorurteile abgebaut werden können. Die Angst vor den Flüchtlingen sei ja dort am größten, wo es gar keine Flüchtlinge gibt. Der Bischof räumte aber auch ein, dass er für seine Hilfsbereitschaft beschimpft worden sei.
"Nicht abschotten und wegschauen"
Zäune, um Flüchtlinge abzuhalten, seien jedenfalls keine ausreichende Antwort auf die Flüchtlingsfrage. Krautwaschl: "Wir können uns nicht abschotten und wegschauen, was da etwa im Mittelmeer passiert. Wir leben alle in einer Welt."
Zu seinem ersten Bischofsjahr befragt, berichtete Krautwaschl von vielen verschiedenen Erfahrungen: "Ich bin auf große Herausforderungen gestoßen: Wie kann in den Abwanderungsgebieten Hoffnung gelebt werden? Wie kann die Seelsorge auf jene reagieren, die im Dorf ein 'städtisches Umfeld' wollen?" Die Gesellschaft werde zunehmend pluraler - was nach einer neuen Katholizität verlange. Für Bischof Krautwaschl steht die Kirche vor der Herausforderung, wie sie sich "verheutigen" und als "Nahversorger" auf Christus hinweisen könne.
Quelle: kathpress